Wege aus der Arbeit nach Robert Wringham

Die Originalausgabe von „Ich bin raus. Wege aus der Arbeit, dem Konsum und der Verzweiflung“ von Robert Wringham erschien unter dem Titel „Escape Everything“ 2016. Der Autor bezeichnet sich selbst als Entfesselungskünstler und nimmt Beispiel an dem US-amerikanischen Entfesselungs- und Zauberkünstler Harry Houdini (alias Erik Weisz) auf seinem Weg in die Freiheit. Auf ein paar praktikable Ideen von Wringham möchte ich in diesem Beitrag eingehen.

„Ein Vollzeitjob trägt nicht zum Guten Leben bei. Eher lenkt er uns davon ab. Mal abgesehen davon, dass man an einem Ort festgenagelt ist und ständig auf die Uhr starrt, ist die schlimmste Untugend der Arbeit, dass sie rein gar nicht zum Guten Leben beiträgt.“

Robert Wringham, Ich bin raus, 213

Was er damit meint und welche Wege des Entkommens es für den vorsichtigen Entfesselungskünstler gibt, erklärt der nachfolgende Teil. Ob sich die Strategien für Dich eignen oder Dein Job für Dich die Erfüllung Deiner Träume darstellt und eine Entfesselung gar nicht infrage kommt, das weißt nur Du allein.

1. Keine Überstunden

Der einfachste Weg ist laut Wringham die standhafte Ablehnung von Überstunden. Unabhängig davon, ob in einem Unternehmen eine Überstundenkultur herrscht oder nicht, minimiert diese Strategie den persönlichen Schaden. Als Arbeitnehmer stehst Du nur zur vereinbarten vertraglich festgehaltenen Zeit zur Verfügung und nicht mehr.

2. Teilzeitarbeit

 
Die Entscheidung für eine Teilzeitstelle ist mit Vorurteilen behaftet. Wringham geht auf zwei vorherrschende Ansichten ein:
 

1.  Das Einkommen reicht nicht aus.

2. In der kürzeren Zeit sei es nicht möglich, die erforderliche Arbeit zu bewältigen.

Beide Ansichten stimmen seiner Meinung nach nicht (ich schließe mich dem an). Er begründet dies zum einen mit Konsumverzicht und zum anderen mit einer erhöhten Fokussierung auf die Arbeit.  

„Wenn wir uns wappnen gegen Modewahn und Trendsetting, den Decoder fürs Kabelfernsehen wegschmeißen und Tausende anderer überflüssiger Dinge loswerden, die wir nicht brauchen, müssen wir auch kein Vollzeiteinkommen mehr erzielen.“

Robert Wringham, Ich bin raus, 215

Wenn jemand sein Arbeitspensum in 25 oder gar 15 statt 35 Stunden bewältigt, stellt eine Reduktion eine sinnvolle Lösung für beide Parteien dar. Das Unternehmen spart Kosten und der Arbeitnehmer (oder Selbstständiger, Freiberufler) hat mehr freie Zeit zur Verfügung. Zudem steht er bei Bedarf auch an arbeitsfreien Tagen für wichtige Ereignisse oder Notfälle zur Verfügung. Ein weiterer positiver Effekt ist nach Wringham außerdem, dass mit dieser Strategie die Arbeit mehr Vergnügen bereiten könne, da sie auf ein Mindestmaß begrenzt wird.

3. Jobsharing

 
Wenn eine Stelle tatsächlich einen Aufwand von mindestens 35 bis 40 Stunden pro Woche erfordert, besteht als Alternative die Möglichkeit, dass zwei Personen denselben Arbeitsplatz teilen und sich um die Aufgaben kümmern. Der Vorteil ist, dass jede Person individuelle Fähigkeiten mitbringt und durch den Austausch neue Ideen geboren werden. Je nach Konzept entstehen dem Unternehmen keine Mehrkosten und die Arbeitsteilung führt bei den Arbeitnehmern zu einer reduzierten Belastung und Verantwortung.

4. Verantwortung teilen

 
Wer in einer Partnerschaft lebt oder eine tiefe Freundschaft pflegt und gemeinsamen Wohnraum teilt, hat die Möglichkeit, die Bereiche Geld verdienen und Haushalt neu zu überdenken. Wringham will mit dieser Strategie keineswegs in die 60er-Jahre zurück, stattdessen schlägt er vor, die Pflichten so aufzuteilen, dass beide Seiten zufrieden sind. Nicht jeder hat unbedingt Lust, Geld zu verdienen oder Tätigkeiten im Haushalt zu übernehmen. Das hat nichts mit irgendwelchen Geschlechterrollen zu tun, sondern mit der eigenen Persönlichkeit. 

„Beide könnten ihre Vollzeitjobs aufgeben und die Zeit fürs Geld verdienen und die für den Haushalt gleichmäßig aufteilen. Dann könnte jeder jeweils maximal 15 Stunden der Woche für jeden Bereich aufwenden. Dann hätte man das gleiche Einkommen, wie wenn nur einer die Brötchen verdient und einer zu Hause bleiben würde.“

Robert Wringham, Ich bin raus, 218

Diese Lösung eignet sich insbesondere für Personen, die kreativen Tätigkeiten nachgehen und zu Hause arbeiten. Zudem besteht Wringham darauf, dass Hausarbeit und Lohnarbeit gleichwertig behandelt werden. Auf diese Weise stellt Hausarbeit keine lästige Pflicht mehr dar, sondern wird zu einem wichtigen Teil des Alltags. Eine saubere und würdevolle Wohnung gehört nämlich zum Guten Leben dazu.

5. Zeitarbeit

 
Wenn es keine Alternativen zum Angestelltendasein gibt, ist ein zeitlich befristeter Job eine weitere Option der Arbeit zu entkommen. Das Konzept sieht vor, beispielsweise für sechs Monate intensiv zu arbeiten, die Hälfte des Lohns zu sparen und den Rest des Jahres davon zu leben. Wenn die Ersparnisse zur Neige gehen, wird erneut eine Tätigkeit für einen begrenzten Zeitraum aufgenommen. Ein gutes Verhältnis zur Zeitarbeitsfirma und die Reduzierung der Lebenshaltungskosten durch einen Aufenthalt im günstigeren Ausland für den Rest des Jahres erweisen sich bei dieser Strategie als förderlich.

6. Zusammenfassung

 
Die aufgeführten Strategien stellen wie anfangs festgehalten Wege in die Freiheit für den vorsichtigen Entfesselungskünstler dar. Daneben präsentiert Wringham noch Ideen für den radikalen und verrückten Entfesselungskünstler. Hierbei geht er auf alternative Strategien wie ERE (Early Retirement Extreme nach Jacob Lund Fisker), einem Leben als Einsiedler im Wald oder der grundsätzlichen Vermeidung von Arbeit, indem man nur einer Tätigkeit nachgeht, die einer Berufung gleicht und sich nicht nach Arbeit anfühlt.  Sein eigener Entfesselungsplan eignet sich „für den Typ des kultivierten modernen Menschen.“ Die folgenden Schritte beschreiben, wie er im Alter von 26 Jahren seinen ersten Bullshit-Job hinter sich gelassen hat, um Zeit und Kraft zu schöpfen und eine langfristige Lösung für die Situation anzugehen (S. 241 – 245):
 
1. Geld sparen und zwar möglichst viel, mindestens 15.000 €.
2. Den aktuellen Job als Trainingslager nutzen, um Erfahrungen zu sammeln. Das alles kommt anschließend in den Lebenslauf. Sollte der Entfesselungsplan scheitern, bleibt man attraktiv für Arbeitgeber.
3. Ausgaben überprüfen. Das Einkommen muss höher sein als die Ausgaben. Alle unnötigen Dienstleistungen kündigen.
4. Job vertragsmäßig kündigen.
5. Wohnungsschlüssel beim Vermieter abgeben, Sachen lagern, wenn nötig und in die Freiheit starten.
6. Geld aus dem Entfesselungsfond entnehmen und dorthin reisen, wo das Leben pulsiert, aber die Lebenshaltungskosten niedrig sind. Günstige Miete, günstiges Essen, öffentliche Verkehrsmittel und kostenlose oder günstige Vergnügungen sorgen für eine angenehme Auszeit.
7. Freie Zeit des Mini-Ruhestands nutzen, um einen Weg zu finden, nie mehr ins normale Arbeitsleben zurückkehren zu müssen. Gute Ideen entstehen in Phasen der Ruhe, die Lösung könnte eine Form von Heimarbeit sein, der Aufbau eines automatisierten Geschäftsmodells oder ein Investmentplan wie ERE oder alles zusammen.
8.  Den Plan umsetzen. Sobald das erste Geld erwirtschaftet wird, geht es darum, das neue Leben nach eigenen Vorstellungen einzurichten.
9. Auf den Versuch kommt es an. Im schlimmsten Fall geht es wieder zurück in die Lohnknechtschaft. Die Erfahrungen im Ausland und die Auszeit bleiben als schöne Erinnerung und als Motivation für den nächsten Versuch zurück!

„Wenn wir uns genügend Zeit nehmen und einen mit Vernunft und Augenmaß entworfenen Plan verfolgen, dann ist es möglich, der konventionellen Lohnsklaverei für immer zu entkommen.“

Robert Wringham, Ich bin raus, 247

Und was sagst Du? Ist einer der genannten Wege etwas für Dich oder hast Du weitere Ideen für eine Entfesselung? Ich freue mich auf Deine Meinung. Hinterlasse mir einen Kommentar.

1 Kommentar zu „Wege aus der Arbeit nach Robert Wringham“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert