Altersvorsorge ohne Roulette

Das Thema Rente hat ein angestaubtes Image. Altersvorsorge ist einfach unsexy. Wer jung ist, interessiert sich oft nicht dafür. Auch ich hatte mit 20 andere Dinge im Kopf als meine Vorsorge für den Ruhestand. Doch einer Sache können wir gewiss sein: Wir werden erstens älter und zweitens vielleicht sogar ganz alt. Die statistische Lebenserwartung beträgt für das Jahr 2030 gerundet 80 Jahre für Männer und 84 Jahre für Frauen. Altersarmut wäre da sicher nicht wünschenswert.

Mit dem Thema Altersvorsorge beschäftigt sich die Autorin und Finanzberaterin Annette Weiß. Die „Frau Finanzbildung“ geht in ihrem aktuellen Buch „Geld und Gloria – Rente ohne Roulette. Die Pflichtlektüre für eine solide Altersvorsorge“ darauf ein, wie wir für unsere Rente selbst vorsorgen können, um einen entspannten Ruhestand zu haben. Ein paar ihrer Ideen möchte ich Dir im folgenden Beitrag vorstellen.

„Wir müssen uns alle zu jeder Zeit hinterfragen, welchen Preis wir für unser Leben, für unsere Erwartungen und unsere Entscheidungen zu zahlen bereit sind.“

Annette Weiß, Rente ohne Roulette, 15

1. Erst denken, dann rechnen

Wenn sogenannte Profis einem vorrechnen, wer wieviel Geld für seine Altersvorsorge braucht, schreiben sie einem gleichzeitig vor, welches Leben man zu führen hat. Das kann aber nicht funktionieren, da jeder einen individuellen Fahrplan für das Leben hat. Wer also seine Entscheidung anderen überlässt, ist eher dazu geneigt, eine vorschnelle Entscheidung zu treffen und z. B. eine aus falschen Gründen abgeschlossene Rentenversicherung zu kündigen, um das Geld für etwas anderes auszugeben. Wer dahingegen erfolgreich für das Alter vorsorgen möchte, ist zuallererst mit der Frage konfrontiert: Wann willst Du in Rente gehen? Oder anders formuliert: Wann bist Du zu alt, dass Du nicht mehr arbeiten willst oder kannst?

Im nächsten Schritt schlägt Annette Weiß vor, sich auszumalen, wie der Tagesablauf im Ruhestand aussehen soll. Dazu gehören auch Fragen wie: Wo willst Du leben, willst Du zu Hause oder auswärts essen, willst Du Fernreisen unternehmen oder lieber in der nahen Umgebung Urlaub machen usw. Das Ausmalen des Alltags im Ruhestand gibt Hinweise auf die Summe, die Du später voraussichtlich zum Leben benötigen wirst. Denn auch Unternehmungen im Alter kosten Geld.

Hinweise deshalb, weil keiner von uns weiß, wie alt er wird und es vor allem darum geht, einen gewissen Grad an Lebensqualität auch im Alter zu haben.

„Der Unterschied zwischen fehlender Lebensqualität und etwas Lebensqualität ist sehr groß für denjenigen, der eben keine hat.“

Annette Weiß, Rente ohne Roulette, 31

2. Das Worse-Case-Szenario rechnen

Im nächsten Schritt geht es um Zahlen. Genauer gesagt zwei Zahlen: Das Datum, an dem Du aufhören möchtest zu arbeiten und die Summe, die Du gerne für Deine persönlichen Aufwendungen im Ruhestand monatlich haben möchtest. Auch geht es in diesem Kontext um die Frage, welche Summe einigermaßen ausreichen würde, um zukünftig im Alter über die Runden zu kommen. Hier geht es darum, über einen Kompromiss nachzudenken, für den Fall, dass sich auf dem Weg zum Ziel Hindernisse einstellen. Diese können sein: Rückschläge bei der Karriere, Scheidung, schlechte Investitionen, eine lange Krankheit usw.

Beim Finanzplan spielt die Inflation ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Kaufkraft des Geldes soll schließlich über die Jahre erhalten bleiben und bei der Berechnung der eigenen Zahlen berücksichtigt werden. Wer seine persönliche Inflationsrate berechnen möchte, ist gut beraten, eine Liste von mindestens 20, höchstens jedoch 50 Dingen oder Waren zu notieren, die regelmäßig konsumiert werden. Auch ist die persönliche Inflationsrate an den eigenen Lebensstil gekoppelt. Wird dieser aufgrund eines höheren Einkommens angepasst, ändert sich auch die persönliche Inflationsrate. Wer dahingegen auf demselben Level weiterlebt, kann seine Sparquote erhöhen.

„Wir wissen, dass es Inflation gibt – also arbeiten wir sie ein. Eher zu großzügig als zu geizig – denn am Ende kommt es uns nur zu, sollten wir uns noch oben verschätzt haben.“

Annette Weiß, Rente ohne Roulette, 81

Eine weitere Zahl, die bei der Berechnung eine Rolle spielt, ist das maximale Alter. Natürlich weiß keiner, wie alt er wird. Für die Berechnung ist es jedoch notwendig, eine konkrete Zahl zu benennen. Hier kann es helfen, sich im familiären Umfeld umzuschauen, um herauszufinden, wie alt die Großeltern, Eltern oder auch entfernte Verwandte geworden sind.

„Wer glücklich und zufrieden lebt, kann locker mal 10 Jahre drauf schlagen!“

Annette Weiß, Rente ohne Roulette, 86

3. Sparen und Investieren

Für die Altersvorsorge, den nächsten Urlaub, eine Notfallreserve oder andere Ziele – Sparen tun wir alle. Die Richtung wird vom Ziel bestimmt. Es geht folglich um den Zweck, den das Gesparte erfüllen soll. Wer sich darüber bewusst ist, legt den Grundstein für seine Geldanlage und setzt gleichzeitig eine Frist, bis wann das Ziel erreicht werden soll. Je länger die Ansparzeit und je weiter das Ziel, desto wichtiger ist es, das Geld für sich arbeiten zu lassen. Dabei bezeichnet der Begriff Geldanlage Annette Weiß zufolge (75) eine Investition (= langfristige Anlage von Kapital in Sachwerte) oder ein Finanzprodukt (eine im Finanzwesen angebotene Anlageform).

„Um zu investieren, brauchst Du Finanzprodukte, aber nicht jedes Finanzprodukt ist ein Invest.“

Annette Weiß, Rente ohne Roulette, 77

Für einen Privatinvestor stehen fünf Geldanlagen zur Wahl:

  • Bankanlagen/Liquidität
  • Immobilien
  • Aktien
  • Rohstoffe inklusive Edelmetalle
  • Anleihen
Bei der Auswahl der Geldanlage ist es empfehlenswert, die gesamten Investments über mindestens drei Geldanlagen zu verteilen – so die Autorin. Dabei sollte das risikoreichste Asset den kleinsten Anteil des Vermögens abbilden. Die Diversifikation minimiert nämlich die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts. Das Wichtigste bei der Altersvorsorge ist und bleibt jedoch der erste Schritt. Es spielt keine Rolle, welche finanziellen Entscheidungen Du bisher getroffen hast, denn jeder Tag bietet eine neue Chance zum Handeln.

4. Fazit

Wer frühzeitig und rational an das Thema Altersvorsorge herangeht, hat die Möglichkeit, über Jahrzehnte ein Polster aufzubauen. Auch kleinere Beträge sammeln sich an und vermehren sich durch den Zinseszins, vorausgesetzt das Geld wird investiert. Auf diese Weise schützt man sich selbst vor einer Abhängigkeit, ob vom Staat oder anderen Menschen. Mit dem etwas anderen Finanzratgeber von Annette Weiß wird das Thema Altersvorsorge entmystifiziert und in einfachen Zahlen und Berechnungen ausgedrückt. Auch regt das Buch dazu an, sich verschiedene Szenarien auszumalen und über Kompromisse nachzudenken.

Ich habe Annette Weiß in einem Vortrag live erleben dürfen und bin insbesondere dankbar für den Hinweis bezüglich der persönlichen Inflationsrate. Die meisten Berechnungen berücksichtigen nämlich die 2 % Inflationsrate, die auch von der Europäischen Zentralbank (EZB) im Durchschnitt anvisiert wird. Die persönliche Inflationsrate kann hingegen stark davon abweichen, je nachdem, welche Konsumentscheidungen man für sich selber trifft. Ist die persönliche Inflationsrate höher als 2 %, verschiebt sich die Kalkulation der Altersvorsorge nach oben. D. h. es wird eine größere Summe an Kapital benötigt. Auch dies gilt es bei der Kalkulation der eigenen Vorsorge zu berücksichtigen.

Und hast Du bereits mit deiner Altersvorsorge angefangen? Wie sorgst Du denn vor? Investierst Du in Aktien, ETFs, Immobilien oder Rentenversicherungen? Ich freue mich auf Deinen Kommentar.

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