Was ist Geld?

Das Mysterium des Geldes entschlüsseln – das gelingt den Autoren von „Mehr Geld für mehr Leben“ Vicki Robin und Joe Dominguez auf eine höchst spannende Weise. Wie bereits im vorherigen Beitrag angekündigt, geht es heute erneut um das Grundlagenwerk des Frugalismus und die Frage: Was ist Geld? Auch möchte ich bisherige Erkenntnisse zum Thema „Was ist genug?“ vertiefen. Viel Spaß beim Lesen. 🙂

„Der einzige echte Vermögenswert, den Sie haben, ist Ihre Zeit. Die Stunden Ihres Lebens.“

Robin und Dominiguez, Mehr Geld, 82

1. Erkenne, was Geld tatsächlich ist

Was ist Geld? Eine einfache Frage. Gibt es darauf auch eine einfache Antwort? Wenn man den Autoren glaubt, dann fallen die Antworten höchst unterschiedlich aus. Während manche unter Geld so etwas wie Status oder Macht verstehen, ist es für andere ein Werkzeug der Unterdrückung oder bedrucktes Papier, Metall und Plastik. Die Mehrheit wiederum beantwortet die Frage rational und versteht Geld als ein Tauschmittel. Nur ist es dort ein Tauschmittel, wo zwei Parteien über den Wert der Tauschware eine Einigung erzielen. Vicki Robin und Joe Dominguez präsentieren eine andere Antwort: 

„Geld ist etwas, wofür Sie Ihre Lebensenergie tauschen. Sie verkaufen Ihre Zeit für Geld. (82)“ 

Geht man von den statistischen Annahmen aus, dass die meisten Menschen einerseits im Angestelltenverhältnis arbeiten und damit ihre Lebenszeit stundenweise gegen Geld eintauschen und andererseits davon, dass der Mensch etwa 8800 Stunden in einem Jahr besitzt und im Durchschnitt etwa 650.000 Stunden, bevor der Tod einen ereilt, entsteht eine spannende Gleichung. Die Hälfte von den 650.000 Stunden benötigen wir – so die Autoren – für Schlaf und für Körperpflege (darunter auch Ernährung und Ankleiden). Wer also um die 40 ist, dem verbleiben etwa 356.500 Stunden an Lebensenergie. Wenn die Hälfte davon verschlafen wird und für Körperpflege drauf geht, halbiert sich die Summe und damit auch die verbleibende Lebenszeit, zumindest statistisch gesehen. 

Natürlich weiß keiner, wann der Tod einen ereilt. Was allerdings aus dieser Gleichung deutlich wird, ist, dass unsere Lebenszeit der größte Schatz ist, den wir Menschen besitzen. Umso wichtiger ist es deshalb herauszufinden, wofür wir unsere Lebenszeit verwenden möchten. Denn neben dem Erwirtschaften von Geld, das unsere Grundbedürfnisse und ein paar weitere Extras abdeckt, ist diese Zeit dafür vorgesehen, alles unterzubringen, was einem wichtig ist. Wer also seine Zeit für Geld verkauft und sein Geld (= ausgegebene Lebenszeit) für Konsum eintauscht, der noch nicht mal Erfüllung stiftet, der beraubt sich selbst. 

„Lebensenergie ist alles, was wir haben. Sie ist wertvoll, weil sie beschränkt und unwiederbringlich ist, und weil unsere Entscheidungen darüber, wie wir sie nutzen, die Bedeutung und den Zweck unserer Zeit hier auf der Erde ausdrücken.“

Robin und Dominiguez, Mehr Geld, 87

2. Finanzielle Unabhängigkeit

Das Thema „Finanzielle Unabhängigkeit“ oder „Finanzielle Freiheit“ ist mittlerweile sehr beliebt und findet auf vielen Blogs eine Erwähnung. Die Definitionen überschneiden sich häufig. Viele Menschen haben in diesem Zusammenhang die Vorstellung, dass finanzielle Unabhängigkeit mit Reichtum gleichzusetzen ist. Das ist allerdings nicht der Fall. Jemand, der frugal lebt und sehr übersichtliche Lebenshaltungskosten im Alltag besitzt, kann sich bereits reich fühlen, wenn er 20 % mehr Einnahmen erwirtschaftet als er braucht. Würde man auf die Statistiken schauen, könnte eine solche Person bereits als „arm“ gelten, weil ihr Einkommen unterhalb des Medians liegt. Hier besteht folglich eine Diskrepanz zwischen der subjektiven und objektiven Wahrnehmung. Die Autoren schlagen deshalb eine andere Definition vor: Für sie bedeutet Finanzielle Unabhängigkeit „die Erfahrung, genug zu haben – und noch etwas mehr. (90)“

Es geht hier auch um Selbstreflexion. Nur man selbst kann bestimmen, welche Funktion Geld im Leben übernimmt und auf welche Weise es Verwendung findet. Auch befreit man sich durch die Auseinandersetzung mit der Frage, was Geld einem bedeutet, von verschiedenen Glaubenssätzen, die sich in der Kindheit, in der Jugend und auch im Erwachsenenleben etabliert haben. In dieser Reflexion wird auch das vorherrschende Hamsterrad von 9 to 5 arbeiten zu gehen, infrage gestellt. Denn, wenn man zum Leben viel weniger braucht, als man verdient, wozu soll man dann auch zu viel seiner Lebenszeit gegen Geld eintauschen? 

„Zu verstehen, wie Ihre Geldpsychologie die Geldentscheidungen Ihres täglichen Lebens beeinflusst, führt zu einem größeren Niveau an Freiheit.“

Robin und Dominiguez, Mehr Geld, 83

3. Wie viel Lebensenergie tauscht Du ein?

Um zu berechnen, wie viel der eigenen Lebensenergie gegen Geld getauscht wird, gilt es verschiedene Bereiche zu berücksichtigen. Es geht nämlich nicht nur darum, welchen Stundenlohn man ggf. mit seinem Arbeitgeber ausgehandelt hat oder als Freiberufler mit den Kunden, sondern es geht um alle Ausgaben, die mit dem Thema Arbeit zu tun haben. Der Stundenlohn ist selbstverständlich auch netto. Ausgaben rund um den Job sind je nach Lebenssituation:

  • Pendeln (= Verbrauch von Zeit oder Geld für den Weg/den fahrbaren Untersatz/ÖPNV/Parkgebühren/Verschleiß des Autos etc.)
  • Kleidung
  • Verpflegung (= Zusatzkosten in Form von Zeit und Geld für Mahlzeiten, die durch den Job beeinflusst werden)
  • Täglicher Stressabbau (Hierzu gehören die Zeit vor dem Fernseher/Computerbildschirm/Feierabendbier mit den Kollegen etc.)
  • Escape-Spiele (= Wochenendunterhaltung zwecks Kompensation von Stress in der Arbeit, wenn das Bedürfnis nach Flucht in Form von reiner Wiedergutmachung für einen langweiligen Job besteht)
  • Jobbedingte Krankheit
  • Weitere jobbedingte Ausgaben (zum Beispiel Gärtner, Handwerker, Babysitter, Haushälterin, Putzfrau usw.)

All diese Faktoren und Ausgaben zusammengerechnet nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben, ergeben den tatsächlichen Stundenlohn.

Wer also laut Vertrag 35 € pro Stunde verdient und neben den 40 Stunden wöchentliche Arbeitszeit noch etwa 5 Stunden pendelt, 2 Stunden Kleidung kauft, 5 Stunden Haushaltshilfen beschäftigt, 5 Stunden für Stressabbau aufwendet, 5 weitere Stunden für Urlaub usw., dessen Stundenlohn pendelt weitaus tiefer. Und wer einmal seinen tatsächlichen Stundenlohn berechnet hat, kann zukünftig jede Ausgabe in Lebenszeit umrechnen.

Beispiel: (gebrauchtes) Auto kaufen: 20.000 €; aktueller Stundenlohn 20 € pro Stunde = aufgewendete Lebenszeit, um das Auto zu bezahlen: 20.000 € geteilt durch 20 € Stundenlohn = 1000 Stunden Lebenszeit ==> Alternative suchen für 15.000 € = 750 Stunden Lebenszeit

Auf diese Weise ist es möglich, jede einzelne Ausgabe zu hinterfragen. Bringt sie Erfüllung? Ist meine Lebensenergie es wert? Ist der aktuelle Job der richtige oder kostet er mehr, als er einbringt?

Wer diese Rechnung umgesetzt hat, wird auch bereit sein für den nächsten Schritt: Hier empfehlen die Autoren, jeden Cent im Blick zu behalten, der ins Leben fließt oder es verlässt. Ich habe diese Übung mithilfe eines Haushaltsbuches gelöst. Andere bevorzugen möglicherweise eine Exceltabelle oder App. Jeden Cent nachzuverfolgen, macht deutlich, wofür wir unsere Lebenszeit tatsächlich eintauschen. Ein sehr spannendes Experiment. Ich kann es Dir, lieber Leser, nur empfehlen.

„Finanzielle Unabhängigkeit ist die Freiheit vom Nebel, der Angst und dem Fanatismus, den so viele von uns bei Geld empfinden. Das klingt nicht nur nach Seelenfrieden, das ist er. Finanzwirtschaftliche Seligkeit.“

Robin und Dominiguez, Mehr Geld, 91

Um bewerten zu können, welche Ausgaben tatsächlich sinnvoll sind und welche nicht, empfehlen die Autoren über die folgenden drei Fragen (150 ff.)nachzudenken:

  1. Entsprachen die erhaltene Erfüllung, Befriedigung und der Wert im Verhältnis der investierten Lebensenergie?
  2. Deckt sich der Aufwand an Lebensenergie mit meinen Werten und meinem Lebenszweck?
  3. Inwiefern würde sich dieser Aufwand möglicherweise ändern, wenn ich nicht für Geld arbeiten müsste?

All diese Fragen richten sich auf einen Aspekt der eigenen Träume. Schließlich verwenden die meisten ihr Geld für die Befriedigung von Bedürfnissen. Die Beschäftigung mit diesen Fragen hilft, „zwischen einer vorübergehenden Laune und echter Erfüllung zu unterscheiden. (155)“

„Einen inneren Maßstab für Erfüllung zu haben, ist in der Tat ein Teil dessen, was wir Finanzielle Integrität nennen. Sie lernen, Ihre finanziellen Entscheidungen unabhängig davon zu treffen, was die Werbung und Industrie als gut für deren Geschäft entschieden haben. Sie sind frei von der Demütigung, beim Ausgeben Ihrer Lebensenergie zugunsten von Dingen manipuliert zu werden, die Sie nicht zufriedenstellen.“

Robin und Dominiguez, Mehr Geld, 156

4. Fazit

In diesem zweiten Teil meiner Reflexion über das Buch „Mehr Geld für mehr Leben“ von Vicki Robin und Joe Dominguez möchte ich Dich, lieber Leser, fragen, welche Bedeutung Geld für Dich hat. Auch möchte ich Dich dazu anregen, eine eigene Rechnung über Deinen tatsächlichen Stundenlohn zu erstellen. Wenn Du vorhast zu investieren und Deine Sparquote zu erhöhen, hilft es auch, sich ein Haushaltsbuch zuzulegen und seine Einnahmen und Ausgaben bis auf den Cent genau zu verfolgen. Dadurch gelangst Du zu wertvollen Erkenntnissen. 

Wenn Du diese Schritte bereits gemacht hast und Lust hast, Deine Erfahrungen zu teilen, freue ich mich auf einen Kommentar.

1 Kommentar zu „Was ist Geld?“

  1. Die Autoren sprechen ein Thema an, das uns Finanzhaie schon oft beschäftigt: Wir tauschen unsere begrenzte Lebenszeit gegen Geld. Aber mal ehrlich und Hand aufs Herz, wie oft merken wir überhaupt, dass wir unsere wertvolle Zeit für Dinge verschwenden, die uns bestenfalls kurzfristig voranbringen? Doch irgendwann stellt sich die Frage: Was bringt mir das wirklich? Wofür opfere ich meine Zeit und Energie? Klar, Geld ist wichtig – keine Diskussion. Aber wenn das, was wir tun, uns auf Dauer weder erfüllt noch wirklich weiterbringt, läuft etwas schief. Vielleicht sollten wir uns öfter die Frage stellen: Nutze ich meine Zeit so, dass sie mir langfristig etwas gibt – nicht nur fürs Konto, sondern auch fürs Leben? Am Ende sterben wir und das was bleibt ist das Geld für jemanden anderen.

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