Das Streben nach Einfachheit ist sozusagen die Kehrseite von der Kompliziertheit des Lebens, die heutzutage bis in den Alltag hineingreift. Viele Erfindungen, die wir heute tagtäglich nutzen, sind aus der Idee der Einfachheit entstanden. Sie sollten uns den Alltag erleichtern und doch verkompliziert sie das Leben unnötigerweise. Hierzu zählen unter anderem die Überfülle an Angeboten in Super- und Baumärkten, Geräte wie Spülmaschinen und Mobiltelefone, ständig steigende Anforderungen im Beruf, die mit dem Erlernen von neuen PC-Systemen einhergehen, Online-Banking usw.
Das ständige Angebot an „mehr und mehr“ sowie die immer komplexer werdenden Geräte des Alltags führen nicht zur Befreiung, sondern zur Belastung. Der Wunsch nach Einfachheit entspringt dahingegen einem menschlichen Bedürfnis, dem einfachen „Wunsch nach Herumhängen und Nichtstun. (16)“
Wie der Weg zu mehr Einfachheit und damit zum wesentlichen Kern unseres Lebens gelingen kann, damit haben sich die Autoren Werner Tiki Küstenmacher und Lothar J. Seiwert in ihrem Bestseller „Simplify your life. Einfacher und glücklicher leben“ auseinandergesetzt. Ein paar ihrer Ideen möchte ich Dir im folgenden Beitrag vorstellen.
„Aus dem Streben nach Einfachheit ist also vielfach eine Geschichte nachwachsender Komplexität geworden. Der simplify-Weg versucht, diese fatale Dynamik umzukehren und zum eigentlichen Zweck unseres Lebens zurückzukehren. Dieser Zweck ist die Einfachheit, in der sich die Summe eines erfüllten und gereiften Lebens gelassen widerspiegelt.“
Küstenmacher und Seiwert, Simplify your life, 17
1. Das Stufenpyramiden-Modell
Auf dem Weg zu mehr Einfachheit haben die Autoren ein Modell entwickelt, das mit einer Pyramide vergleichbar ist. Diese besteht aus sieben Stufen. Die unterste Stufe befasst sich mit materiellem Besitz und führt über verschiedene andere Lebensbereiche zum eigenen Ich. Die Spitze der Pyramide befasst sich mit der persönlichen Vorstellung von Erfüllung und Glück. In der aktualisierten Auflage (meine ist von 2004) gibt es auch eine achte Stufe. Diese befasst sich mit Spiritualität. Wer Veränderungen auf der untersten Stufe vornimmt, spürt Auswirkungen auf andere Lebensbereiche. Dies wiederum wirkt sich als Motivator aus, den simplify-Weg fortzusetzen. Die Reihenfolge ist frei wählbar. Die sieben simplify- Stufen sind:
- Sachen
- Geld
- Zeit
- Gesundheit
- Mitmenschen
- Partnerschaft
- Das Ich
2. Finanzen vereinfachen
Da es auf meinem Blog neben lebensphilosophischen Fragestellungen um das Thema Finanzen geht, möchte ich Dir gleich zu Beginn die Strategien der Autoren zum Bereich Finanzen vorstellen. Insgesamt sind es fünf Ideen, um finanzielle Unabhängigkeit ohne Komplexität umzusetzen: eigene Sicht von Reichtum entwerfen, dem Sicherheitsdenken entkommen, Schulden abbauen, das Thema Geld entzaubern und Geldblockaden entfernen.
„So wie in der Welt der Sachen das Gerümpel im Weg herumsteht und Sie an Ihrer eigenen Entfaltung hindert, so sind es beim Thema Geld Ihre Geldgedanken und Geldgefühle.“
Küstenmacher und Seiwert, Simplify your life, 84
Der erste Schritt beim Vereinfachen der Finanzen ist grundsätzlich Gelassenheit. Wer sich nämlich an Geld klammert, dem bleibt der Weg zum Reichtum versperrt. Es geht nicht darum, sich Finanzthemen gegenüber gleichgültig zu verhalten, sondern gelassen damit umzugehen, wenn das ein oder andere Ziel nicht erreicht wird. Mentale Barrieren wie Geldblockaden stellen dabei ein Hindernis dar. Diese können den Autoren zufolge unterschiedlichen Ursprungs sein. Die häufigsten sind: Elternsprüche, Was-wenn-Ängste, Lotto-Traum und Selbstentschuldigungen. Auch die eigene Sprache wirkt sich negativ auf das Erreichen der eigenen finanziellen Ziele aus. Wer ständig sagt, ich kann nicht, wird scheitern.
„Finanziell unabhängig werden – das bedeutet, soviel Geld zu besitzen, dass es nur selten zum zentralen Thema Ihres Lebens werden muss. Das erreichen Sie, indem Ihr Einkommen deutlich über Ihren Bedürfnissen liegt. Der simplify-Rat lautet deshalb: Entweder schrauben Sie Ihre Bedürfnisse herunter oder Ihre Einnahmen herauf.“
Küstenmacher und Seiwert, Simplify your life, 93 f.
Geld entzaubern – der zweite Schritt – bedeutet realistisch mit dem Thema umzugehen. Wer Einnahmen generieren möchte, der handelt. Es ist nämlich vollkommen egal, wie viele tolle Ideen jemand zum Geldverdienen hat. Ohne Ausdauer und Einsatz, was phasenweise auch langweilig und mühsam sein kann, bleibt das Konto leer.
Ein weiteres Hindernis in diesem Kontext ist zu viel Besitz. Dieser stellt unnötigen Ballast dar, der die Eigenart hat, „sich zu vermehren und negative Zinseszinsen zu bilden. Geld, das für Dinge ausgegeben wird, die nicht selbst wieder Geld erzeugen, ist tot. (94)“ Hier geht es um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsumverhalten und der eigenen Definition von Anerkennung. Wer glaubt, durch Statussymbole Anerkennung zu erhalten, der irrt ebenfalls. Das, was im Leben tatsächlich wichtig ist, kann man nicht kaufen. Deshalb empfehlen die Autoren das Herz nicht an Dinge, sondern besser an Menschen zu hängen.
Geld entzaubern bedeutet auch, Chancen zu nutzen. Dieser Schritt ist der wichtigste auf dem Weg zum wahren Reichtum. Die Devise lautet: „Weniger Sachen, mehr Geld. Damit investieren Sie nicht in die Gegenwart, sondern die Zukunft. (95)“ Hier geht es um Investitionen in Aktien, Immobilien, das eigene Unternehmen oder weitere Anlageklassen, um den Kreislauf des Geldes aufrechtzuerhalten.
„Dauerhafte Konsumsschulden (also Schulden, die über Hauskredite hinausgehen) sind wie Unordnung in Sachen Geld: Es fängt mit einem kleinen Überziehungskredit an, und daraus erwachsen ständig andere.“
Küstenmacher und Seiwert, Simplify your life, 96
Bei Konsumschulden empfehlen die Autoren als erstes, den inneren Schuldenstress zu reduzieren. Minuszahlen auf dem Konto sind oft der Spiegel von Sorgen, Ängsten und Zweifeln. Wer unglücklich ist, sorgt instinktiv für ein Minus auf dem Konto. Hier geht es also darum, sich selbst zu hinterfragen und die eigenen Ängste in Worte zu fassen. Damit verliert die Angst an Macht.
Der Weg aus dem Schuldenloch besteht allgemein aus verschiedenen Schritten. Ein Schritt ist, sich der Wahrheit zu stellen und jemanden aus dem nahen Umfeld einzuweihen. Schulden sind nichts Außergewöhnliches und viele andere Menschen haben damit zu kämpfen. Im nächsten Schritt geht es darum, seine Ausgaben zu kontrollieren. Auch Bargeldzahlungen führen zu einem bewussteren Konsum. Minimalismus kann in der Phase auch helfen. Wer den eigenen Lebensstil für eine gewisse Zeit reduziert, hat mehr Geld übrig, um die Schulden abzubauen.
„Ihr Einkommen ist kein Schicksal, sondern eine Pflanze, die Sie düngen können.“
Küstenmacher und Seiwert, Simplify your life, 104
Wer dem inneren Sicherheitsdenken entkommen möchte, hat mehrere Möglichkeiten: Eine davon ist, sich regelmäßig nach neuen Stellen umzuschauen. Oft führt der Wechsel des Arbeitgebers zu einem höheren Einstiegsgehalt und einem Zugewinn an Erfahrung. Wer viele Freundschaftsdienste erweist, kann auch hierfür ein Honorar verlangen. Das tut nämlich beiden Seiten gut, da das Ungleichgewicht zwischen der Hilflosigkeit des einen und der Stärke des anderen gemindert wird.
Ein weiterer Schritt wäre für seine Arbeitsleistung mehr Geld zu verlangen. Dies gilt sowohl für Angestellte als auch freie Mitarbeiter. Dies hilft auf der einen Seite dem Anwachsen der Lebenshaltungskosten und der Inflation entgegenzuhalten und auf der anderen Seite den Wert der eigenen Arbeitskraft angemessen zu würdigen. Wer sich als Angestellter für ein Unternehmen einsetzt und Wege findet, um den Profit zu steigern und/oder seinen Kompetenzkreis durch Schulungen erweitert, hat gute Gründe für mehr Gehalt. Dasselbe gilt für Selbstständige. Wer seine Dienstleistungen verbessert und einen Mehrwert für Kunden kreiert, hebt sein Honorar an.
Grundsätzlich empfehlen die Autoren eine positive Einstellung zum beruflichen Erfolg. Auch hier können negative Glaubenssätze unbewusste Blockaden auslösen. Viele Menschen kommen beruflich nicht weiter, weil sie unterbewusst Vorurteile dagegen haben. Wer sich mit den Glaubenssätzen in Bezug auf Karriere auseinandersetzt, der hat gute Chancen, erfolgreich zu werden.
„Beim Thema Karriere lautet die simplify-Weisheit: Um Erfolg zu haben, sollten Sie sich wie ein erfolgreicher Mensch verhalten.“
Küstenmacher und Seiwert, Simplify your life, 108
Die letzte Idee beim Vereinfachen der Finanzen ist der Entwurf einer eigenen Sicht von Reichtum. Was heißt das? Als erstes empfehlen die Autoren, sich von der Vorstellung zu trennen, „Reichtum habe etwas mit Geld zu tun. (119)“ Es ist vielmehr eine Frage des Bewusstseins. Es gibt Menschen, die sich mit relativ wenig Geld als reich empfinden und andere, die über sehr viel Geld verfügen, können sich arm fühlen. Das eigene Denken verändert die finanzielle Realität.
Als praktische Tipps für den Alltag hilft es, die eigenen Ausgaben aufzuschreiben. Dies verhindert blinde Verschwendung für unnötige Konsumausgaben. Auch Spenden verleiht einem das Gefühl von Reichtum. Wertschätzung in Form von Trinkgeldern ist ebenfalls eine Möglichkeit, um sich reich zu fühlen. Damit unterstützt man – wenn auch im kleinen – eine andere Person und trägt zu ihrem Wohlstand bei. Wer etwas erbt, tut gut daran, geerbtes Geld oder andere Besitztümer als Geschenk anzusehen. Auch empfehlen die Autoren, anderen Menschen ihren Besitz zu gönnen und ihnen noch mehr Reichtum zu wünschen gemäß dem Motto: „Wer Reichtum ernten will, muss Reichtum säen. (121)“
Der Glaube an ein Leben im Überfluss wirkt sich ebenfalls positiv auf die eigene Sicht von Reichtum aus. Wer darauf vertraut, dass genug für alle da ist, der wird ebenfalls am Überfluss teilhaben.
3. Fazit
Das eigene Verhältnis zum Geld ist ein Aspekt der eigenen Persönlichkeit. Auf dem Weg zu einem einfachen und glücklichen Leben ist die Auseinandersetzung mit den eigenen Finanzen von großer Bedeutung. Das Hinterfragen von eigenen Glaubenssätzen und -Mustern, die Beschäftigung mit den Ausgaben und Einnahmen, die Entwicklung der eigenen Vorstellung von Reichtum sind einige Bausteine, die sich auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit als hilfreich erweisen.
Auch 20 Jahre später ist die Botschaft von „Simplify your life. Einfacher und glücklicher leben“ aktuell. Entrümpeln war schon damals ein Thema und das lange vor Marie Kondo und ihrer Falttechnik. Was mir an dem Buch besonders gefällt, sind der strukturierte Aufbau, die einfache Sprache und die witzigen Karikaturen von Tiki Küstenmacher. Im Grunde handelt es sich um eine Schritt für Schritt Anleitung auf der Reise zu seinem Inneren und dem Loslassen von unnötigem Ballast, der das eigene Leben verkompliziert.
Eine Anekdote am Rande: simplify ist eine eingetragene Marke des VNR Verlags für die Deutsche Wirtschaft AG und dem Orgenda Verlag für persönliche Weiterentwicklung. Ich habe das Buch irgendwann im Zeitraum zwischen 2004 und 2005 in die Hände bekommen. Als ich 2006 zum Studienwechsel nach Bonn gezogen bin, habe ich mir 2007 nach den Zwischenprüfungen einen Nebenjob gesucht. Mein Vorstellungsgespräch führte mich zu einem Verlag des VNR Verlags für die Deutsche Wirtschaft AG. Ja, Du vermutest schon ganz richtig. Ohne es zu wissen, habe ich genau in dem Verlag angefangen zu arbeiten, der die Marke simplify vertreibt und so spazierte auch einige Wochen später Tiki Küstenmacher durch die Flure.